Unsere Wahlempfehlung für den 13.09.2015:
- Rang: Maria Klein-Schmeink (Die Grünen)
- Rang: Jochen Köhnke (SPD)
- Rang: Heinrich Götting (FDP) & Harry Seemann (parteilos)
Begründung:
Frau Klein-Schmeink (Die Grünen) hat sich bereits im Bundestag zum Thema engagiert und legt in Ihren ausführlichen Antworten nachvollziehbar Ihre aufmerksame Unterstützung für ein Modellprojekt in Münster dar. Sie unterstützt die Straffreiheit des Besitz und Eigenanbaus geringer Mengen. Ihre Partei hat frühzeitig eine führende Rolle bei dem Einsatz für ein Cannabis-Modellprojekt in Münster eingenommen.
Herr Seemann (parteilos) ist sowohl für Cannabis als Medizin als auch für den straffreien Eigenanbau geringer Menge. Und er unterstützt auch unser CSC-Modellprojekt. Bisher war er zu dem Thema noch nicht öffentlich in Erscheinung getreten, jedoch besuchte er uns kürzlich am Infostand.
Herr Köhnke (SPD) befürwortet die Straffreiheit des Besitz und Eigenanbaus geringer Mengen. Er unterstützt ein Modellprojekt in Münster und eine Fachtagung hierzu. Allerdings ging er zum Antwortzeitpunkt (23.08.15) bereits davon aus, dass diese bereits in Vorbereitung sei, dabei fand offiziell erst am 26.08.15 der entsprechende Beschluss statt. Zudem teilt er die Rechtsauffassung der BfArM, dass ein CSC zurzeit rechtlich nicht möglich sei. Eine andere Form des Modellprojekts soll jedoch geprüft werden. Seine Partei unterstützt seit diesem Sommer auch die Idee eines Modellprojekts in Münster.
Herr Götting (FDP) ist sowohl für einen Verkauf von Cannabis als Erwachsene als auch für ein Modellprojekt in Münster, allerdings lehnt er den Eigenanbau ab. Außerdem befürchtet Herr Götting, dass es bei Cannabis als Medizin eine tödliche Dosis geben könne; bis heute gibt es allerdings keinen wissenschaftlich nachgewiesenen Fall einer letalen THC-Dosis. Seine Partei hält sich in Münster mit Äußerungen zum Thema zurück.
Herr Lewe (CDU) beantwortet unsere Anfrage pauschal mit der Stellungnahme der ihm unterstellten Stadtverwaltung: Diese möchte abwarten und hält ein Modellprojekt für nicht machbar. Nachdem Herr Lewe unsere Initiative im letzten November lobte, äußert er sich nun auf Facebook negativ zu den Legalisierungsplänen. In seiner Partei gibt es Befürworter für ein Modellprojekt, insgesamt bleibt die CDU jedoch skeptisch und lehnte als einzige Partei den Antrag zur Prüfung eines Modellprojekts ab. Insgesamt können wir daher zurzeit leider keine Wahlempfehlung für Herrn Lewe aussprechen.
Folgende Fragen haben wir an die Kandidierenden gestellt:
- Sind Sie für einen verbesserten Zugang zu Cannabis als Medizin?
- Sollte der Besitz und Anbau von geringen Mengen Cannabis zum Eigenbedarf für Volljährige straffrei sein?
- Sollte die Stadt Münster ein Modellprojekt zur regulierten Abgabe von geringen Mengen Cannabis an Volljährige beantragen?
- Wie ist Ihre Position zu unserem 2014 eingereichten Bürgerantrag für einen Cannabis Social Club in Münster?
Die Antworten der OB-Kandidierenden:
- Sind Sie für einen verbesserten Zugang zu Cannabis als Medizin?
Heinrich Götting (FDP): Ein Allheilmittel ist Cannabis sicher nicht, aber es gibt heute viele Anwendungsbereiche, in denen Cannabis eine effektive und nebenwirkungsarme Medizin ist. Sofern das Verhältnis von wirksamer zu abhängig machender oder gar tödlicher Dosis sicher kalkuliert werden kann, bin ich für einen verbesserten Zugang als Medizin.
Harry Seemann (parteilos): Wenn’s hilft, auf jeden Fall!
Maria Klein-Schmeink (Grüne): Es ist nicht akzeptabel und ein Vergehen an den Menschen, denen mit Cannabis als Medizin geholfen werden könnte, dass der Zugang aus ideologischen Gründen nur ganz wenigen Patientinnen und Patienten ermöglicht wird. Es ist mehr als überfällig, dass SPD und CDU endlich ihre restriktive Haltung aufgeben. Noch im Jahr 2013 haben die Fraktionen von CDU, FDP und SPD die grüne Initiative zur Therapeutischen Verwendung von Cannabis als zu therapeutischen Zwecken abgelehnt. Zahlreiche Studien zeigen, dass Cannabis bei schweren Erkrankungen wie z.B. Multipler Sklerose oder bei starken Schmerzen Linderung bewirken kann. Trotz mehrfacher höchstrichterlicher Urteile, gibt es bis heute nur verschwindend wenige Ausnahmegenehmigung des Bundesamtes für Arzneimittelsicherheit. Die Betroffenen müssen aufgrund ideologischer Vorbehalte von CDU und SPD mehrfach leiden: Ihnen wird eine lindernde Arznei vorenthalten, sie werden wegen der illegalen Beschaffung kriminalisiert und sie haben hohe Beschaffungskosten.
Markus Lewe (CDU): Frage nicht beantwortet (siehe Anmerkung unten).
Jochen Köhnke (SPD): Ja, ich halte einen verbesserten Zugang zu Cannabis als Medizin für richtig.
- Sollte der Besitz und Anbau von geringen Mengen Cannabis zum Eigenbedarf für Volljährige straffrei sein?
Heinrich Götting (FDP): Hier folge ich dem Beschluss des FDP Bundesparteitages 2015. Dieser sieht eine Cannabis Legalisierung nur dahingehend eingeschränkt vor, als das die Droge künftig als „Genussmittel“ mit Lizenz an Erwachsene über eigens dafür ausgewählte Geschäfte verkauft werden dürfe. Einen legalisierten Eigenanbau von Hanfpflanzen zur Eigenproduktion von Cannabis sieht dieser Beschluss nicht vor. Auch dem schließe ich mich an.
Harry Seemann (parteilos): Natürlich, Erwachsene durften und dürfen sich totsaufen, warum auch nicht mal etwas Bewusstseinserweiterndes, Softes zu sich nehmen. In Schleswig-Holstein hat doch vor Jahren ein Richter auf das Recht auf Rausch geurteilt, ein riesen Skandal damals.
Maria Klein-Schmeink (Grüne): Ja, denn die Strafbarkeit stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die persönliche Entscheidungsfreiheit dar, ohne dass dem ein nachvollziehbares öffentliches Interesse zum Schutz einer anderen Person oder anderen öffentlichen Belangen gegenüber stünde. Sie ist zudem willkürlich, da andere Genussmittel straffrei und mit Vorgaben zur Produktreinheit und zur Rückverfolgbarkeit des Produktes jedem Erwachsenen zugänglich sind. Im Gegenteil verhindert die Strafbarkeit klare gesetzliche Regelungen zur Produktsicherheit, zum Inverkehrbringen, zur Einhaltung von Jugend-und Verbraucherschutz und zur Prävention. Zudem hat Cannabis im Vergleich zu anderen Genussmitteln wie Alkohol und Tabakerzeugnisse erheblich weniger gesundheitliche Risiken.
Markus Lewe (CDU): Frage nicht beantwortet (siehe Anmerkung unten).
Jochen Köhnke (SPD): Ich spreche mich klar für eine Entkriminalisierung von Cannabis aus und finde daher, dass der Besitz und Anbau von geringen Mengen Cannabis zum Eigenbedarf für Volljährige straffrei sein sollte.
- Sollte die Stadt Münster ein Modellprojekt zur regulierten Abgabe von geringen Mengen Cannabis an Volljährige beantragen?
Heinrich Götting (FDP): Es gibt vergleichbare Modellprojekte in Spanien und Belgien. Die fachliche Diskussion darüber ist wohl sowohl im Rat der Stadt Münster wie auch darüber hinaus noch nicht abgeschlossen. Gleichwohl neige ich zu einem solchen Modellprojekt und somit zu einem liberalisierten Umgang mit Cannabis.
Harry Seemann (parteilos): Da die Legalisierung in Holland und in immer mehr amerikanischen Staaten auch in ein paar südamerikanischen Staaten weiter fortschreitet, sollte Münster mal wieder mit gutem Beispiel vorangehen. Die Konzepte der Hanffreunde Münster für ein CSC und die Stellungnahme des INDRO e.V. des Dr. Schneider sind eindeutig und zukunftsweisend.
Maria Klein-Schmeink (Grüne): Ich setze mich für einen grundlegenden Wechsel in der Drogenpolitik ein. Konsumentinnen und Konsumenten sollen nicht länger kriminalisiert und in die Illegalität gedrängt werden. Es ist offensichtlich, dass dieser Weg nur zu persönlichem und sozialem Leid und zu hohen gesellschaftlichen Kosten geführt hat. Deshalb habe ich mich als Gesundheitspolitikerin auf Bundesebene dafür eingesetzt den Zugang zu weichen Drogen nicht länger zu kriminalisieren, sondern zu regulieren und in ein umfassendes Konzept für Jugend- und Gesundheitsschutz sowie Prävention einzubetten. Diesen Wechsel in Münster gilt es auch von Seiten der Verwaltung gemeinsam mit den Ratsfraktionen voranzubringen. Deshalb ist es richtig und wichtig ein wissenschaftliches Forschungsprojekt zu initiieren, das eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene ermöglicht und unter gesundheitlichen, medizinischen und sozialen Aspekten untersucht.
Markus Lewe (CDU): Frage nicht beantwortet (siehe Anmerkung unten).
Jochen Köhnke (SPD): Ich würde eine wissenschaftliches Forschungsprojekt zur kontrollierter Abgabe von Cannabis gutheißen. Auf Antrag der SPD-Fraktion ist die Verwaltung auch bereits damit beauftragt, eine Fachkonferenz zu dem Thema vorzubereiten und durchzuführen. Diese Konferenz soll der Information und Diskussion unter der Beteiligung aller relevanter Akteur*innen dienen. Das Ergebnis soll dann in die Entwicklung einer kommunalen Handlungsstrategie für den verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis sein. Im Rahmen dieser Entwicklung einer kommunalen Handlungsstrategie werde ich mich als Oberbürgermeister dafür aussprechen, dass es dieses Modellprojekt geben soll. Allerdings stellt sich hier die Frage, inwiefern diese Einrichtung mit der Gesetzeslage auf Bundesebene vereinbar ist (s.u.).
- Wie ist Ihre Position zu unserem 2014 eingereichten Bürgerantrag für einen Cannabis Social Club in Münster?
Heinrich Götting (FDP): Ihr vorliegender Bürgerantrag dient als Anstoß zu einem Einstieg in eine solche Debatte. Zunächst besteht aber noch reichlich Beratungsbedarf, zumal sich die bisher zugrundeliegenden rechtlichen Rahmenbedingungen noch nicht geändert haben. Ohne diese Veränderung hätte Ihr Antrag, selbst bei wohlwollenster Unterstützung , keine Aussicht auf Erfolg.
Harry Seemann (parteilos): Wie 3., kann ich nur unterschreiben, obwohl ich schon seit Jahren nicht mehr gekifft habe. Ich rauche seit 23 Jahren nicht mehr und hab meistens verdammt gehustet. Aber ich erinnere mich noch gut, es gab Zeiten da haben wir die Jimme Hendrix Gedächtnisjoints zu seinem Tode 1970, auf den Stufen des Aasees geraucht. Es hat ewig gedauert bis ich zu Hause am Kanonierplatz war, mit oder ohne Fahrrad, ich weis es nicht mehr.
Zu der Zeit trafen sich die Langhaarigen und Parkaträger am Lambertibrunnen, vor allem Samstagmorgens. Ich heis doch nicht Bill Klinton.
Maria Klein-Schmeink (Grüne): Die außerordentlich gut besuchte Veranstaltung von Debatte e.V. hat gezeigt, dass das Problem der Kriminalisierung von Cannabis-Konsum viele Münsteranerinnen und Münsteraner bewegt. Klar ist: Zur regulierten Abgabe von Cannabis gehört der Vertrieb über lizenzierte Abgabestellen für Cannabisprodukte wie z.B. einen Cannabis Social Club. Hierzu gehört ein staatlich kontrolliertes System für Anbau, Handel und Abgabe sowie gezielten Verbrauchers- und Jugendschutz. Wichtig dabei ist, dass keine Abgabe an Minderjährige und keine Werbung erfolgt und auch ein öffentlicher Konsum ausgeschlossen ist.
Ich teile das Anliegen des Bürgerantrags eine regulierten Abgabe von geringen Mengen an Cannabis zu ermöglichen. Deshalb werde ich mich für ein wissenschaftliches Forschungsprojekt in Münster einsetzen, mit dem eine kontrollierte Abgabe von Cannabis ermöglicht und unter gesundheitlichen, medizinischen und sozialen Aspekten untersucht wird.
Über ein Forschungsprojekt hinaus wird auch eine gesetzliche Klärung auf Bundesebene zum Umgang mit Cannabis notwendig sein, um die derzeitige juristische Grauzone aufzulösen. Grundsätzlich bedarf es einer politischen Neubewertung des Themas Cannabis. Hierzu gehört auch die Entkriminalisierung derjenigen, die Cannabis gebrauchen. Die Grüne Bundestagsfraktion hat hierzu einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, an dem ich mitgewirkt habe.
Markus Lewe (CDU): Frage nicht beantwortet (siehe Anmerkung unten).
Jochen Köhnke (SPD): Ich würde ein Modellprojekt gut heißen, allerdings wurde die Verwaltung bereits damit beauftragt zu prüfen, ob ein „Cannabis Social Club“ in Münster vorstellbar sei. Bei dieser Prüfung ist aber herausgekommen, dass ein solches Modellprojekt nicht mit dem Betäubungsmittelgesetz (Vorliegen von zwingenden Versagungsgründen nach § 5 I Nr. 5,6 BtMG) vereinbar sei und somit lässt sich dieses Modellprojekt in Münster nicht verwirklichen solange die Bundesgesetzlage nicht geändert ist.
Anmerkung:
Die Reihenfolge der Antworten entspricht der Reihenfolge des Eingangs bei den Hanffreunden Münster. Die Fragen wurden am 07.08.2015 versandt, die Antworten gingen bis zum 23.08.2015 ein. Herr Markus Lewe (CDU) beantwortete als einziger Kandidat die Fragen nicht. Seine Antwort lautete pauschal: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Zu dem Thema hat die von mir geführte Stadtverwaltung gerade eine Vorlage erarbeitet, die ich Ihnen hier im Anhang gern sende und aus der Sie meine Position erkennen können.“ Diese Vorlage ist hier abrufbar.

Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/
3 Kommentare zu „Wahlempfehlung zur OB-Wahl am 13.09.2015“